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Brandschutzklassen bei Brandschutztüren: Sicherheit im Ernstfall
Thomas Spiri
08. Juni 2023
Spezifische Vorschriften und Normen regeln in der Schweiz die Standards für den baulichen Brandschutz. Einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Menschen, Tieren und Sachwerten leisten Brandschutztüren, Trennwände und Brandschutzfenster. Diese müssen den jeweils vorgeschriebenen Brandschutzklassen genügen. Doch was bedeuten die einzelnen Brandschutzklassen?
Vorschriften und Normen beim baulichen Brandschutz schreiben vor, welchen Sicherheitsanforderungen die eingesetzten Bauteile genügen müssen. Sie gewährleisten, dass Menschen, Tiere, Sachwerte und das Gebäude selbst im Falle eines Feuers bestmöglich geschützt sind. Brandschutztüren aber auch Trennwände oder Fenster für den baulichen Brandschutz müssen den jeweils vorgeschriebenen Brandschutzklassen genügen und erfordern eine technische Abnahme durch die zuständigen Behörden. Die Normen und Vorschriften sind in verschiedenen Regelwerken festgelegt:
- Brandschutzvorschriften der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF)
- SIA-Norm 343
- Europäische Brandschutznorm SN EN 16034
Diese Vorgaben legen die Anforderungen an den baulichen Brandschutz fest und gewährleisten damit einen einheitlich hohen Sicherheitsstandard für Gebäude, Anlagen, Brand- oder Rauchabschnitte. Sie geben vor, wie die Einrichtungen für den technischen Brandschutz dimensioniert sein sollen. Massgebend für die einzusetzenden Brandschutzelemente sind verschiedene Eigenschaften des zu schützenden Gebäudes:
- Erwartete Personenbelegung
- Gebäudegeometrie und Geschosszahl
- Bauart, Lage, Ausdehnung und Nutzung von Bauten, Anlagen Brand- oder Rauchabschnitten
Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den Brandschutztüren. Im Brandfall verhindern oder verzögern sie die Ausbreitung von Feuer und Rauch in einem Gebäude. Ausserdem leisten sie einen massgeblichen Beitrag zur Fluchtwegsicherung sowie zum allgemeinen Feuer- und Hitzeschutz.
Je nach vorgesehener Schutzwirkung weisen Bauteile mit raumabschliessender Funktion bestimmte Brandschutzklassen auf. Dazu gehören etwa Brandschutztüren aber auch Trennwände und Fenster. Die Klassifikation dieser Brandschutzelemente durch die Vorschriften der VKF erfolgt anhand von genormten Prüfungen und anderen VKF-anerkannten Verfahren.
Klassifikation der Brandschutzelemente nach VKF und EN
Die Art der Klassifikation in der Schweiz gemäss VKF stützt sich auf die massgebenden europäischen Normen EN. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei die Feuerbeständigkeit des jeweiligen Bauteils und damit der Dauer, die es einem Feuer standhalten kann. Gleichzeitig weisen weitere Klassifikatoren auf zusätzliche Eigenschaften des Brandschutzelements hin. Dabei spielen Tragfähigkeit (R), Raumabschluss (E) und Wärmedämmung (I) eine wichtige Rolle. Die Bezeichnungen haben folgende Bedeutung:
R | Es handelt sich um ein tragfähiges Brandschutzelement (z.B. Stützen und Träger) |
E | Das Bauteil ist ein raumabschliessendes Brandschutzelement (z.B. Brandschutztüre) |
I | Das Brandschutzelement verfügt über besondere wärmedämmende Eigenschaften |
W | Das Bauteil hemmt die durchgehende Wärmestrahlung |
Diese Klassifikation lässt sich durch weitere Kriterien ergänzen:
M | Das Bauteil berücksichtigt besondere mechanische Einwirkungen |
C | Ein bewegliches Brandschutzelement verfügt über eine selbstschliessende Eigenschaft |
S | Das Bauteil begrenzt die Rauchdurchlässigkeit in besonderem Mass |
Darstellungsform der Brandschutzklassifikation
Die zuvor erläuterten Klassifikationen bezeichnen die Eigenschaften von Bauteilen für den baulichen Brandschutz. Die Darstellung erfolgt durch Hinzufügen oder Weglassen der jeweiligen Buchstaben in einer bestimmten Reihenfolge:
R | E | I | W | tt | – | M | C | S |
Die Variable «tt» bezeichnet jeweils die Widerstandsdauer in Minuten (30, 60, 90, 120, 180 oder 240 Minuten).
Bedeutung der Kennzeichnungen für die Klassifikation von Bauteilen für den baulichen Brandschutz gemäss Europäischer Norm EN
Kennzeichnung E
Der Buchstabe E bezeichnet die Widerstandsfähigkeit eines Bauteils mit raumtrennender Funktion gegen Brandbeanspruchung von einer Seite. Diese verhindert den Durchtritt von Flammen oder heisser Gase, um so die Entzündung der dem Feuer abgewandten Oberfläche oder sich in der Nähe befindlichen Materialien zu vermeiden.
Kennzeichnung I
Das Kriterium I kennzeichnet die Eigenschaft eines Bauteils, einer einseitigen Brandbeanspruchung standhalten zu können und die Wärmeübertragung zur vom Feuer abgewandten Seite einzudämmen. Damit lassen sich Entzündungen vermeiden und Personen schützen. I1 und I2 kennzeichnen dabei die Wärmedämmung von Feuerschutzabschlüssen bei der vom Feuer abgewandten Seite des Türblattes auf 140 ºC. Gleichzeitig erhöht sich während der angegebenen Zeitspanne die Temperatur an jeder Stelle des Türblattes auf maximal 180 ºC. Die Kennzeichnung I1 weist auf die Nichtberücksichtigung eines 25 mm breiten Randbereichs hin, während I2 die Nichtberücksichtigung eines 100 mm breiten Randbereichs bezeichnet.
Kennzeichnung S
S steht für die Eigenschaft, die Ausbreitung von Gas und Rauch auf die abgewandte Seite des Bauteils in einem besonderen Ausmass zu verhindern oder zu vermeiden. Sa berücksichtigt ausschliesslich die Rauchdichtheit bei Umgebungstemperatur, während S200 zusätzlich die Rauchdichtheit bis 200 ºC berücksichtigt.
Kennzeichnung C
Die Bezeichnung C weist auf die Fähigkeit einer Brandschutztür oder eines Brandschutzfensters hin, im Brandfall automatisch vollständig zu schliessen. Dies auch bei fehlender bzw. ausgefallener Stromzufuhr. C weist auf die selbstschliessende Fähigkeit hin ohne die Dauerhaftigkeit zu benennen. Steht eine Ziffer dahinter, so gibt diese an, wie stark die geprüfte Beanspruchung der Brandschutztür ist:
- C0: 1–499 Prüfzyklen
- C1: Offenstehend gehalten (500 Prüfzyklen)
- C2: Geringe Anzahl von Betätigungen durch Personen mit hoher Motivation zum sorgsamen Umgang. Z.B. Türen von Privathäusern oder grosse Tore (10'000 Prüfyklen)
- C3: Mässige Anzahl von Betätigungen, hauptsächlich durch Personen mit einer gewissen Motivation zum sorgsamen Umgang (50‘000 Prüfzyklen)
- C4: Hohe Anzahl von Betätigungen im öffentlichen Bereich durch Personen mit geringer Motivation zum sorgsamen Umgang (100‘000 Prüfzyklen)
- C5: Sehr häufige Betätigung (200‘000 Prüfzyklen)
Kennzeichnung W
Die Eigenschaft W weist auf eine Strahlungsbegrenzung hin. Sie kennzeichnet ein Bauteil, das bei einem einseitigen Brandvorkommen eine Brandübertragung durch abgestrahlte Wärme vermeidet. Verfügt ein Brandschutzelement über die Eigenschaft I, I1 oder I2, so erfüllt es in der Regel auch die Anforderungen des Kriteriums W.
Beispiele von Feuerwiderstandsklassifikationen für Brandschutztüren
Bei Brandschutztüren kommen oft Feuerwiderstandsklassifikationen von E30 bis E240 sowie EI 30 bis EI 240 zur Anwendung. Wobei der Buchstabe E das raumabschliessende Brandschutzelement (Brandschutztüre) bezeichnet und der Buchstabe I auf die besonderen wärmedämmenden Eigenschaften der Brandschutztüre hinweist (falls vorhanden).
-
EI30: Entspricht das Bauelement der Klassifikation EI30, bedeutet dies, dass es 30 Minuten als Raumabschluss den Feuerdurchtritt verhindert. Die Hitze auf der feuerabegewandten Seite des Elements darf während dieser Zeit die maximal erlaubte Temperatur nicht überschreiten.
-
EI60: Diese Klasse bietet eine Feuerbeständigkeit von 60 Minuten. Brandschutztüren dieser Kategorie können einem Feuer eine Stunde lang widerstehen, bevor sie durchbrechen.
-
EI90: Diese Klasse hat eine Feuerbeständigkeit von 90 Minuten. Türen dieser Kategorie sind in der Lage, einem Feuer eineinhalb Stunden lang standzuhalten, bevor sie ihre Integrität verlieren.
Beispiele für Brandschutztüren und Brandschutzabschlüsse
Verglaste Flügeltüren
Brandschutzklassifikationen EI30 / EI60 / EI90 / E30 / E60 / E90
Einflügelige Brandschutztür in Tragkonstruktion
Zweiflügelige Brandschutztür in Tragkonstruktion
Einflügelige Brandschutztür in Trennwand
Zweiflügelige Brandschutztür in Trennwand
Trennwand verglast
Flächenbündige Blechtüren
Brandschutzklassifikationen EI30 / E30
Einflügelige Brandschutztür aus Blech in Tragkonstruktion
Zweiflügelige Brandschutztür aus Blech in Tragkonstruktion
Einflügelige Brandschutztür aus Blech in Trennwand
Zweiflügelige Brandschutztür aus Blech in Trennwand
Verglaste Schiebetüren
Brandschutzklassifikationen EI30 / E30
mit und ohne Fluchtwegfunktion
Einflügelige Schiebetür als Brandschutztür in Tragkonstruktion
Zweiflügelige Schiebetür als Brandschutztür in Tragkonstruktion
Einflügelige Schiebetür als Brandschutztür in Trennwand
Zweiflügelige Schiebetür als Brandschutztür in Trennwand
Verglaste Fenster für den Aussenbereich mit
Brandschutzklassifikation E30 / EI30
Einflügeliges Brandschutzfenster in Tragkonstruktion
Zweiflügeliges Brandschutzfenster in Tragkonstruktion
Einflügeliges Brandschutzfenster in Trennwand
Zweiflügeliges Brandschutzfenster in Trennwand
Stossfugenverglasung
Brandschutzklassifikation EI60
Stossfugenverglasung mit Brandschutzfunktion
Besondere Bedingungen bei mehrteiligen Brandschutzabschlüssen
Brandschutzabschlüsse in Gebäuden können sowohl lediglich aus einer Türe als auch aus einer Türe in Kombination mit den zugehörigen Seiten- und Oberteilen bestehen. Solche mehrteiligen Abschlüsse (Abschlusseinrichtungen) müssen ebenfalls nach einem einheitlichen Feuerwiderstand gemäss EN klassifiziert sein. Auf dieser Grundlage erhalten sie auch die VKF-Anerkennung.
Die Abschlusseinrichtung kann unter gewissen Umständen über einen geringeren Feuerwiderstand als die angrenzenden Wände verfügen. Allerdings sind dabei gemäss VKF bestimmte Bedingungen zu erfüllen:
- Die Abschlusseinrichtung muss einheitlich als Türabschlusseinrichtung (Türe mit Seiten- und Oberteilen) gemäss Europäischer Norm SN EN 1634-1 geprüft und nach SN EN 13501-2 klassiert sein. Dies ist die Grundlage für die VKF-Anerkennung.
- Der Einbau der Abschlusseinrichtung mit festen Teilen darf bis zu einer Gesamtfläche von 9 m2 mit den reduzierten Feuerwiderstandsanforderungen der Türen erfolgen. Dabei sind die zulässigen Abmessungen stets gemäss VKF-Anerkennung einzuhalten.
- Der Einbau der Abschlusseinrichtungen erfolgt als Einzelabschlüsse, gleichwertig wie Türen und nicht als Serienanwendung (Ersatz für Wände).
Kennzeichnung der Brandschutztüren nach VKF
Gemäss VKF-Vorgabe ist jeder Brandschutzabschluss und somit auch jede Brandschutztür zur Identifikation und für die Rückverfolgbarkeit dauerhaft zu kennzeichnen. Die Angaben müssen direkt auf dem Kennzeichnungsschild so angebracht sein, dass sie auch nach längerer Nutzung noch lesbar sind. Das VKF schreibt vor, dass die Beschriftung kratzfest, lösungs- und reinigungsmittelbeständig sein muss. Das Schild ist auf der Bandseite, in der Regel im unteren Drittel zu befestigen. Nach Revisionen oder Wartungs- und Unterhaltsarbeiten ist die Kennzeichnung vorschriftgemäss wieder anzubringen.
Gemäss VKF-Brandschutznorm gelten für alle Abschlüsse mit einer VKF-Anerkennung, die im Brandschutzregister eingetragen sind die nachfolgenden Anforderungen an die Kennzeichnung. Folgende minimale Angaben sind auf dem Kennzeichnungsschild anzubringen:
- Name des Gesuchstellers
- Nummer der VKF-Anerkennung
- Klassifikation gemäss VKF (EI, tt und/oder S200 etc.)
Unterstützung durch ausgewiesenes Fachpersonal zur Einhaltung der Brandschutzvorschriften
Bei der Planung eines Gebäudes ist es ratsam, die richtigen Brandschutztüren gemäss den geltenden Vorschriften und Anforderungen auszuwählen. Ein erfahrener und qualifizierter Anbieter von Brandschutzlösungen bietet bei der Auswahl und Installation von Brandschutztüren Unterstützung. Er stellt sicher, dass die Türen den erforderlichen Brandschutzklassen entsprechen und die Installation fachgerecht erfolgt. Dazu sollte er über umfassendes Planungs-Knowhow und ausgewiesene Kompetenzen bei Herstellung, Montage sowie Service verfügen. Bei seinen erfahrenen Spezialisten können sich Planer, Architekten, Bauherren oder Facility Manager vergewissern, ob die Planung ihres Projekts den Bedürfnissen und den Brandschutzvorschriften Rechnung trägt.